Die überraschende Flexibilität von Eis auf der Nanoskala
16. Oktober 2025 - Forschende konnten erstmals die komplexen Strukturen von Eis aufnehmen, die während des Einfrierens von flüssigem Wasser entstehen. Die Ergebnisse stammen aus den ersten Beobachtungen der molekularen Struktur von Proben aus dünnen Proben aus gefrorenem Wasser und wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Obwohl Eis normalerweise in einer hexagonalen Gitterstruktur kristallisiert, ist es erstaunlich flexibel und formbar. Das erklärt, warum Eis oft Gasblasen einschließt. Diese Entdeckungen machte ein internationales Forschungsteam um James De Yoreo vom Pacific Northwest National Laboratory (PNNL), dem auch Andreas Hutzler und Birk Fritsch vom HI ERN angehörten. Die Ergebnisse stammen aus den ersten Beobachtungen der molekularen Struktur von Proben aus dünnen Proben aus gefrorenem Wasser und wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Bislang war es nahezu unmöglich zu beobachten, wie flüssiges Wasser zu Eis kristallisiert. Das liegt daran, dass die Techniken, mit denen Wissenschaftler einzelne Atome betrachten können, mit extremen Bedingungen verbunden sind. Dazu werden hochenergetische Elektronen benötigt, mit welchen die atomaren Strukturen in einem Vakuum abgebildet werden können. Um diese Probleme zu vermeiden, hat das Forschungsteam flüssiges Wasser mit Hilfe von atomar dünnen Graphenmembranen vakuumdicht eingeschlossen. Dies stellte sich als entscheidender Faktor für diesen Durchbruch in der Bildgebung heraus. Anschließend entwickelten sie eine neue Technik, die als kryogene Flüssigkeitszellen-Transmissionselektronenmikroskopie bezeichnet wird, um den Gefrierprozess zu verfolgen. In Erlangen konnte zusätzlich der Einfluss des Elektronenstrahls auf die beobachteten Effekte ermittelt werden.
Die Studienergebnisse zeigten, dass Defekte in der Kristallstruktur von Eis oder eingeschlossene Gasblasen beim Übergang von flüssigem Wasser zu kristallinem Eis keine großen Spannungen im Eiskristall erzeugt, die zu Brüchen führen könnten. Im Vergleich zu anderen Feststoffen wie Metallen oder Mineralien passt es sich überraschend leicht an vorhandene Defekte an. Die Beschaffenheit der chemischen Bindungen von Wasser macht es außerordentlich flexibel und formbar – selbst als festes Eis. In Kombination mit der entscheidenden Tatsache, dass Eis eine geringere Dichte als flüssiges Wasser hat, ermöglichen diese neuen Beobachtungen das Leben auf der Erde und insbesondere im Meer.
Die Forschung könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Konservierung tiefgefrorener (kryogener) biologischer Gewebeproben, die Vorhersage des Eisverhaltens für die Sicherheit in der Luftfahrt und im Straßenverkehr sowie das Verständnis der Bewegung von Gletschern und andere Forschungsbereiche haben.
Extreme close-up of gas bubbles formed on ice (Animation by Sara Levine | Pacific Northwest National Laboratory)
Original-Publikation
Du, J.S., Banik, S., Chan, H. et al.
Molecular-resolution imaging of ice crystallized from liquid water by cryogenic liquid-cell TEM. Nat Commun 16, 8342 (2025).
https://doi.org/10.1038/s41467-025-62451-0
Kontakt
Dr.-Ing. Andreas Hutzler
Team leader "Nanoanalysis of Electrochemical Processes"
Raum 4009