Auf dem Weg zur Marktreife für Multi-Benefit-PV: 2. Solar TAP Industry Day

Berlin, 10. November 2023 - Über 65 Materialzulieferer, Gerätebauer, Produzenten und Anwender, die sich im Bereich der Multi-Benefit-Photovoltaik etablieren wollen, sind anlässlich des 2. Solar TAP Industry Days in Berlin zusammengekommen. Innerhalb der Innovationsplattform Solar TAP (kurz für „Solar Technology Acceleration Platform for emerging Photovoltaics“) arbeiten Industrie und Wissenschaft Hand-in-Hand, um diese aufstrebenden Photovoltaik-Technologien zügig marktreif entwickeln zu können.

Neue Potenziale für den Ausbau der Photovoltaik durch Multi-Benefit-PV

Photovoltaik-Technologien, die neben der Erzeugung von „grünem“ Strom weitere Vorteile bieten (engl. „multi benefit“), haben ein enormes Potenzial für den Ausbau erneuerbarer Energien. Sie basieren auf gedruckten innovativen Photovoltaik-Technologien – sogenannten „emerging photovoltaics“. Diese sind leicht, flexibel und können hinsichtlich Farbe und Transparenz frei angepasst werden. Auch die Module können in vielerlei Formen und Ausführungen gestaltet werden – je nach Anwendungsbedarf. Die Zellen lassen sich auf Materialien wie Kunststoff, Glas oder Metall aufbringen, die hierdurch eine weitere Funktionalität bekommen. Dadurch entstehen zum Beispiel in der Landwirtschaft oder im Gebäudesektor neue Potenziale für den Ausbau der PV, aber auch im Verkehrssektor könnten neue Möglichkeiten erschlossen werden. Solarenergie wird so vielerorts nutzbar und kann in bestehende Strukturen integriert werden.

Um dies zu erreichen, arbeiten in der in diesem Jahr gestarteten Innovationsplattform Solar TAP Industriepartner und Wissenschaft gemeinsam daran, Technologien für diese Multi-Benefit PV-Anwendungen zu entwickeln und zügig zur Marktreife zu bringen.

Bauwerkintegrierte Photovoltaik: Fassadenelement und nachhaltiger Stromerzeuger

Reallabor für Bauwerkintegrierte Photovoltik (BIPV) am HZB in Berlin-Adlershof: Neue Konzepte für BIPV werden hier unter wissenschaftlicher Begleitung erprobt.
Niklas Albinius/HZB

Weniger als 0,1 Prozent der in Deutschland vorhandenen Fassadenflächen werden derzeit für Photovoltaik genutzt. Ein großes Potential, bei dem Photovoltaik beides sein kann: Fassadenelement mit Wärmedämmung, Wind- und Wetterschutz und architektonisches Element sowie nachhaltiger Stromerzeuger. Doch wie wirken sich Ausrichtung der Solarmodule, Verschmutzung und indirekte Bestrahlung auf die Stromproduktion aus? Und wie wirkt sich eine Solarfassade auf das Gebäude selbst aus? Diesen Fragestellungen gehen die Forschenden am Helmholtz-Zentrum Berlin nach: Dort steht das erste und international einzigartige Reallabor für bauwerkintegrierte Photovoltaik (kurz: BIPV), das Björn Rau (stv. Institutsleiter und Technischer Leiter Kompetenzzentrum Photovoltaik (PVcomB), Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB)) vorstellte. Die hier gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt in die Forschungs- und Beratungsaktivitäten des HZB ein und kommen auf diese Weise sowohl der Wissenschaft als auch der Allgemeinheit zugute. Darüber hinaus dient das Gebäude als Demonstrationsobjekt für Architekturschaffende und für Forschungsstandorte der Helmholtz-Gemeinschaft, und zeigt, wie neue Gebäude verantwortungsvoll im Hinblick auf Nachhaltigkeit gestaltet werden können.

Marktreife durch strukturierten Roadmapping-Prozess

Nachdem beim ersten Solar TAP Industry Day im Juli von den Teilnehmenden Transfermöglichkeiten identifiziert und Ideen für gemeinsame Aktivitäten entwickelt worden waren, standen beim zweiten Treffen, das am Helmholtz-Zentrum Berlin stattfand, die Konkretisierung und Weiterentwicklung einer gemeinsamen Roadmap im Fokus.

Solar TAP Manager Dr. Jens Hauch (HI ERN) beschreibt die Forschungsinfrastruktur, die innerhalb der Innovationsplattform zur Verfügung steht.

Nach einem Status-Update durch das Solar TAP Steering Committee veranschaulichte Solar TAP Manager Dr. Jens Hauch (HI ERN) die zugrunde liegende wissenschaftliche Infrastruktur, welche HI ERN, HZB und KIT einbringen. Die drei Forschungsinstitute bilden dabei eine geschlossene Wertschöpfungskette, in der weltweit führende Labore und Expert:innen der Helmholtz-Gemeinschaft mitwirken. Diese bieten im Rahmen von Solar TAP die Möglichkeit für Industriepartner sehr schnell in Transferprojekten zu kooperieren. Aktuell wurden bereits mehr als ein Dutzend dieser Projekte begonnen.

Auf dem Weg zur Marktreife für Multi-Benefit-PV: 2. Solar TAP Industry Day
Roadmapping-Prozess in Kleingruppen, hier zum Anwendungsfeld BIPV
Michael Setzpfandt/HZB

Als Einstimmung auf den anstehenden Roadmapping-Prozess berichtete Dr. Puzant Baliozian (Projektleiter der Fachabteilung Photovoltaik Produktionsmittel, VDMA) in seiner Keynote über die Hintergründe des Prozesses zur Erstellung der ITRPV-Roadmap (International Technology Roadmap Photovoltaic), dem Leitdokument für die weltweite Photovoltaik Industrie, welche jährlich durch das VDMA überarbeitet wird. Darüber hinaus berichtete Dr. Baliozian über bereits bestehende Roadmapping-Ergebnisse zur organischen und Perowskit Photovoltaik aus der OE-A (Organic and Printed Electronics Association) Roadmap. Anschließend erarbeiteten die Teilnehmenden für die vier Hauptanwendungsfelder BIPV, AgriPV, IoT PV und MobiPV die jeweiligen Anwendungsprofile in Kleingruppen: Zentrale Herausforderungen und umsetzungsrelevante Parameter wurden dabei ebenso identifiziert wie die jeweils entscheidenden Stakeholder und Partner.

Die Vorstellung der 22 Industriepartner bildete anschließend einen guten Ausgangspunkt, um untereinander ins Gespräch zu kommen.

Einblicke in die Forschungsinfrastruktur des HZB: Labortouren und Besichtigung der Röntgenquelle BESSY II

Besichtigung des Outdoor-Labs des HZB zur Untersuchung der Alterung von Photovoltaik im Außenbereich.
Besichtigung des Outdoor-Labs des HZB zur Untersuchung der Alterung von Photovoltaik im Außenbereich.
Michael Setzpfandt/HZB

Interessante Einblicke in die Forschungsinfrastruktur des HZB boten zum Abschluss die Labortouren:

Neben dem HZB Outdoor Lab öffnete auch das Innovation Lab HySprint/KOALA seine Labortüren: Mit dem Koala-Cluster verfügt das Zentrum in Berlin über eine weltweit einzigartige Herstellungsanlage auf der Basis der Verdampfungstechnologie, um Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen in industrienaher Größe herzustellen. Im Innovation Lab HySprint wird anwendungsorientiert an erfolgversprechenden Solarzellen geforscht und am Kompetenzzentrum Photovoltaik (PVComB) Dünnschicht-Photovoltaiktechnologien und -produkte gemeinsam mit der Industrie entwickelt. Am Integrative Research Institute for the Sciences (IRIS), einer Einrichtung der Humboldt-Universität Berlin, werden fächerübergreifend neuartige hybride Materialien und Funktionssysteme mit bisher unzugänglichen optischen, elektronischen, mechanischen und chemischen Eigenschaften erforscht.

Die Teilnehmenden nutzen ebenso die Gelegenheit, die Röntgenquelle BESSY II zu besichtigen, die intensive Strahlung im weichen Röntgenbereich liefert, um die Funktionsweise der Energiematerialien in operando zu untersuchen.

Auf dem Weg zur Marktreife für Multi-Benefit-PV: 2. Solar TAP Industry Day
Besichtigung der Röntgenquelle BESSY II
Michael Setzpfandt/HZB

Ausblick

Die Innovationsplattform Solar TAP lebt vom persönlichen Austausch. Die Treffen finden zweimal im Jahr an wechselnden Standorten statt. Informationen zum nächsten "Solar TAP Industry Day" unter Termine.

Interessierte Industrievertreter:innen sind herzlich willkommen, bitte nehmen Sie via E-Mail Kontakt auf.

Impressionen des 2. Solar TAP Industry Days

Über Solar TAP

In der Innovationsplattform Solar TAP (kurz für „Solar Technology Acceleration Platform for emerging Photovoltaics“) sollen gemeinsam mit Industriepartnern die Technologien für diese neuen Multi-Benefit PV-Anwendungen entwickelt werden. Die Ergebnisse wollen das Forschungszentrum Jülich, das Helmholtz-Zentrum Berlin und das Karlsruher Institut für Technologie über die Plattform schnell und unkompliziert Industrie, Gesellschaft und Endverbraucher zugänglich machen.

Unter der Koordination des Helmholtz-Institutes Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN), einer Außenstelle des Forschungszentrums Jülich, bilden die drei Forschungseinrichtungen eine geschlossene Wertschöpfungskette, in der weltweit führende Labore und Expert:innen der Helmholtz-Gemeinschaft mitwirken.

Solar TAP ist eine von insgesamt drei neuen Innovationsplattformen, die durch die Helmholtz-Gemeinschaft mit insgesamt 40 Millionen Euro aus dem Pakt für Forschung und Innovation gefördert werden. Ziel ist es, neue Strukturen und Möglichkeiten für den Technologietransfer und die gemeinsame Nutzung von Großgeräten, Forschungsinfrastrukturen und Daten zu schaffen.

Die Förderung für die Innovationsplattform Solar TAP beträgt 15,1 Millionen Euro für die 3-jährige Aufbauphase, die ab März 2023 gefördert wird. In enger Kooperation mit starken Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft wird die Plattform Transfer und Innovation in der Helmholtz-Gemeinschaft stärken und langfristig angewandte Lösungen in den Markt bringen.

Kontakt

Dr. Jens Hauch

Abteilungsleiter Teamleiter "High Throughput Materials and Devices"

    Gebäude HIERN-Immerwahrstr /
    Raum 1.12
    +49 9131-12538301
    E-Mail

    Prof. Christoph Brabec

    Director and Head of Research Department High Throughput Methods in Photovoltaics

      Gebäude Helmholtz-Erlangen /
      Raum 367
      +49 9131/85-25462
      E-Mail

      Letzte Änderung: 04.07.2024